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Pokemon Go: AR oder nicht AR???

Dieses Thema im Forum "AR Allgemeine Themen" wurde erstellt von Razaj, 16. September 2016.

  1. Hallo zusammen,

    ich schreibe zur Zeit an meiner Masterarbeit zum Thema AR und VR und versuche zu ermitteln, wie Unternehmen Virtual- und Augmented Reality im Rahmen ihrer Marketing-Strategie einsetzen können und wie hoch insgesamt wohl das Potential dieser Plattformen (fürs Marketing) ist.

    Ich habe erst vor kurzem angefangen und habe mich soweit stark mit den theoretischen Grundlagen von AR / VR auseinander gesetzt und hierbei ist u.a. eine Frage noch nicht ganz geklärt: Ist das, was wir bei Pokemon Go sehen AR, oder nicht?

    Um diese Frage zu beantworten, muss man natürlich im Vorfelde AR definieren. Ich habe mich dabei sehr stark an die Definition von Ronald T. Azuma gehalten, der als einer der AR-Pioniere gilt und drei Merkmale angibt, die "echtes" AR ausmachen (siehe "A Survey of Augmented Reality"): "...this survey defines AR as systems that have the following three characteristics:

    1) Combines real and virtual
    2) Interactive in real time
    3) Registered in 3-D"

    In vielen Artikeln wird Pokemon Go als ein AR-Spiel beschrieben, in anderen widerum nicht. Die Hauptargumentation dagegen ist, dass es "location-based" ist und damit nicht AR. Wenn ich mich aber an den obigen drei Merkmalen orientiere, ist Pokemon Go ein auf AR basiertes Spiel, oder nicht?
    1) es benutzt reale und virtuelle Informationen
    2) es ist interaktiv und wird in Echtzeit generiert bzw. angepasst
    3) die virtuellen Elemente (in dem Fall die Pokemons) sind 3-D registriert

    Ich kann es nachvollziehen, wenn man den dritten Punkt anzweifelt. Das Pokemon ist zwar im Raum registriert bzw "verankert", aber man kann es (glaube ich) nicht wirklich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, da das Pokemon sich "mitbewegt" und einen immer relativ frontal betrachtet. Aber die Registrierung findet meines Erachtens trotzdem statt, auch wenn sie nicht 100% gut umgesetzt ist.

    Wie gesagt, die Hauptargumentation aus den Artikeln, die ich gelesen habe (bspw. http://www.scientificamerican.com/article/is-pokemon-go-really-augmented-reality/ oder http://venturebeat.com/2016/07/14/stop-referring-to-pokemon-go-as-augmented-reality/) bezieht sich darauf, dass es "location-based" ist, aber das ist doch kein Ausschlusskriterium, oder?! Oder gibt es andere Gründe, die ich jetzt übersehen habe?

    Sorry für den langen Text! Ich hoffe aber, dass ich damit meinen Standpunkt verdeutlichen konnte und dass jmd. mich evtl. aufklären kann.

    LG und schonmal ein schönes Wochenende!
    Razaj
     
  2. Moin Razaj & willkommen im Forum !

    Gib mal

    pokemon AND "not AR"

    in Google ein, dann bekommst Du sicher noch ein paar Denkanstöße...

    Im Artikel auf RoadToVR (http://www.roadtovr.com/pokemon-go-is-where-i-draw-the-line-on-augmented-reality/) wird letztlich folgendes Argument gegen Pokeman als echte VR Applikation gebracht:

    "The thing is, in order to ‘augment’ reality, the system doing the augmentation needs to know something about your reality; like how Snapchat knows the shape of your face so that it can augment it in interesting ways. But Pokémon Go knows nothing more about your reality than almost any other app on your phone.
    Because of this, you’ll frequently find Pokémon floating superimposed into walls or other objects in a way that doesn’t make sense, with their scale totally misrepresented against a backdrop that doesn’t suit their size at all. When you walk toward the Pokémon they’ll simply slide along the ground at a fixed distance from you, passing through whatever real world obstacles might be in their way. This isn’t augmenting reality, it’s merely conflicting with it."

    Also würde man hier bei Punkten 1 und 2 der Azuma Definition ansetzen können: es enthält zwar sowohl reale als auch virtuelle Bildinhalte, aber die werden nicht wirklich miteinander in Interaktion gebracht, die virtuellen Elemente beachten/reagieren auf die reale Umgebung nicht. Sie sind vor allem einfach überlagert und positionell durch GPS Daten verankert, also gerade nicht durch Daten aus dem Echtbild. Ich glaube (sorry, nee, der Author glaubt und ich stimme zu), dass das schon ein entscheidender Baustein echten AR's sein müßte - die virtuellen Anteile fügen sich ein in die reale Umgebung. Und egal wie deren räumliche Struktur ermittelt wird, sei es aus dem Kamerabild, dass man auch sieht oder mittels anderen Sensoren, aber nur das Verankern des virtuellen Objekts auf einer GPS Position scheint etwas mager. Interesssant wäre ja noch, insgesamt die Evolution der Vermischung von realen und virtuellen Bildern zu beleuchten in diesem Zusammenhang: ist das Fernsehbild bei Fußballübertragungen, in denen oben rechts der Stand und die Zeit angezeigt werden, AR ? Nein, null Interaktion. Aber die eingeblendete Abseitslinie ? Wohl ja.
    Wird keine wasserdichte Antwort geben darauf, fürchte ich...
     
  3. Moin Axa (ich hoffe, es ist okay, wenn ich die Kurzform benutze ;) ),

    danke dir für den Link! Die in dem Artikel genannten Punkte machen es ein bisschen klarer, warum es kein AR ist. Und natürlich habe ich bereits einiges gegoogelt, bevor ich die Frage hier gestellt habe, aber ich muss sagen, dass bei den meisten Artikel, die ich gefunden habe, die Gründe nciht ganz so klar werden. Deine Argumentation hat mir dabei auf jeden Fall geholfen, die Knackpunkte besser nachzuvollziehen.

    Wenn man bei Azuma's drei Merkmalen den - ich nenne es mal "Grad der Merkmale" (bspw. wie realistisch bzw gut die 3D-Registrierung umgesetzt ist oder wie viel Interaktion möglich sein muss) vernachlässigt, dann wäre das m.M. nach immernoch AR, aber ich verstehe auf jeden Fall deine Punkte.

    Hmmmm, in dem einen Artikel von Venturebeat gab es einen Vergleich, den ich interessant fand. "Calling Pokémon Go AR is like calling mobile 360 video VR." Als ich das erste mal diesen Artikel gelesen habe, konnte ich die Aussage 100 % nachvollziehen. Zum einen dachte ich, dass die Registrierung bei Pokemon GO nicht wirklich stattfindet (ich habe das Spiel nicht gespielt, daher war mir das nicht bewusst, dass es doch eine Art Registrierung gibt) und somit kein AR ist, zum anderen waren aber auch 360° Videos für mich kein VR. Jetzt, wo ich ein bisschen mehr recherchiert habe, habe ich die unterschiedlichen "Grade von VR" kennengelernt (passives, aktives und interaktives). Und 360° Videos werden tatsächlich dem passiven VR zugeordnet und zählen somit tatsächlich zu VR. Nun, lange Rede kurzer Sinn, stelle ich mir die Frage, ob es nicht auch bei AR unterschiedliche "Grade" gibt?

    Ich stimme mit dir und dem Autor völlig überein, dass wenn man bei Pokemon GO die AR-Sicht einschaltet die Anwendung keine weiteren Informationen über die reale Welt aus der Kamera bezieht, aber muss sie denn tatsächlich aus der Kamera (also über visuelles Tracking) die Informationen beziehen, um AR zu sein? Reicht nicht die Information über die reale Welt von dem GPS? Und zur Interaktion (da zeigt sich wieder, dass ich das Spiel nicht gespielt habe): Muss man um ein Pokemon zu fangen, eine Art Wurfbewegung mit dem Handy machen? oder reicht es mit dem Finger über das Display zu sliden? Beim ersteren würde ich nämlich annehmen, dass es dann doch interaktiv wäre.

    Ohman, ich glaube, du wirst wohl Recht haben, dass es aktuell keine wasserdichte Antwort darauf geben wird. Aber nicht desto trotz finde ich die Diskussion darüber auch gar nicht so uninteressant. :)